Kurzer Rückblick
Dies ist die Fortsetzung zum Thema Gefühle. In den zwei vorangegangenen Berichten ging es um die wichtigsten Grundgefühle des Menschen. Dabei kann unsere Wahrnehmung von Gefühlen Aversion (Ablehnung) und Appetenz (Lust) auslösen. Außerdem haben wir hervorgehoben, dass auch die Libido (sexuelles Verlangen) mehr oder weniger zu unseren Grundgefühlen gehört.
Auslöser von Gefühlen
Die Auslöser von Gefühlen sind sehr vielfältig und werden oft durch eine komplexe Kombination verschiedener Faktoren beeinflusst. Dabei lässt sich zwischen äußeren und inneren Reizen unterscheiden. Zu den äußeren Reizen zählen z.B. visuelle, auditive sowie taktil erfahrbare Eindrücke. Die inneren Reize sind körperliche Empfindungen wie z.B. Hunger, Müdigkeit, Schmerzen oder auch sexuelle Erregung. Außerdem gehören zu den inneren Auslösern unsere Gedanken, Vorstellungen, die uns ununterbrochen begleiten.
Wie das Gehirn Gefühle macht
Emotionen haben hirnphysiologische Grundlagen. Dabei kommen äußerst komplexe neuronale Netzwerke ins Spiel, und es wäre vermessen, näher darauf einzugehen. In der Grafik von Dr. H. Neckel gibt es diese sehr vereinfachte Darstellung, aus der hervorgeht, dass unsere Gefühlswelt und Psyche aus dem Limbischen System hervorgeht, wobei andere Bereiche des Gehirns mit dem Limbischen System mehr oder weniger verknüpft sind und bei der Auslösung von Emotionen und Verarbeitung von Gefühlen eine Rolle spielen. Dabei kommen wiederum auch unsere Gedanken mit ins Spiel, die und pausenlos (!) begleiten und zeitweise auch nerven (zB beim Einschlafen etc.)
Speicher unserer Emotionen
„Das limbische System (vgl. Abbildung) wird von den Neurobiologen als `Sitz´ des Psychischen einschließlich der unbewussten und bewussten Gefühle (Emotionen), Motive und Ziele angesehen. Es hat die für den Organismus zentrale Aufgabe, Ereignisse und Handlungen danach zu bewerten, ob sie positive oder negative Folgen haben (Gerhard Roth S. 63) …. Die mittlere limbische Ebene hat mit unbewusster Emotionsentstehung und Emotionskontrolle zu tun, mit unbewusster Verhaltensbewertung und in diesem Zusammenhang mit unbewusster emotionaler Konditionierung“ (Gerhard Roth S. 68). Aus diesen Aspekten geht hervor, dass wir alle emotional konditioniert sind durch emotionale Eindrücke, die uns bereits seit dem pränatalen (vorgeburtlichen) Stadium begleiten. Bei der Speicherung und Abrufung von Emotionen spielen die Amygdala und der Hippocampus (vgl. Abbildung) die entscheidende Rolle. Die Amygdala ist besonders wichtig bei der Verarbeitung von Angst und Furcht und kann schnell und automatisch auf bedrohliche Reize reagieren. Im Hippocampus sind unsere emotionalen Erinnerungen abgespeichert. Er hilft dabei, Emotionen in Zusammenhang mit Erfahrungen und Ereignissen zu setzen und ermöglicht es, sie in den Langzeitgedächtnisspeicher zu übertragen. Andere Strukturen des Gehirns sowie Hormone u.v.m. sind bei der Emotionsverarbeitung beteiligt, auf die in diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden soll, weil es den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde.
Prämotionen
Den Begriff `Prämotion´ gibt es in der Wissenschaft nicht und soll hier kurz eingeführt werden. „Hierbei handelt es sich um eine Gefühlsebene, die eine Grundmotivation für menschliches Verhalten darstellt, dem Individuum jedoch nicht direkt bewusst wird“ (Helmerichs S. 11). Sie liegen demnach im Unterbewusstsein oder als Handlungen, die wir schon oft gemacht haben, im Vorbewusstsein. Prämotionen sind unserem Verhalten und unseren Entscheidungen also jeweils `vorgeschaltet´, obwohl wir meinen, uns ganz rational überlegt entschieden zu haben. Das bedeutet, dass komplexe Entscheidungen emotional oft schon getroffen wurden, bevor wir uns für etwas bewusst entscheiden. Diese Prozesse können im Bruchteil einer Sekunde verlaufen, ohne dass wir es merken.
Emotionen und Gefühle
Die Begriffe Emotion und Gefühl werden allgemein synonym verwendet. Hier geht es um eine differenzierte Unterscheidung der Begriffe: Demnach sind Gefühle das, was wir Menschen bewusst wahrnehmen wie z.B. die Grundgefühle. Emotionen dagegen sind hirnphysiologisch abgespeichert und lösen unsere Gefühle aus. Das ist schon ein Unterschied, schließlich sagen wir ja z.B. `wie fühlst du dich´ anstatt `wie bist du emotional drauf´. So leben wir mit einem riesigen Speicher von Emotionen, die unsere Gefühlswahrnehmung bewusst und unbewusst beeinflussen.
Gerhard Roth
Der international renommierteste deutsche Neurowissenschaftler Gerhard Roth ist am 25. April 2023 im Alter von 80 Jahren verstorben. Er war ein deutscher Philosoph, Zoologe, Biologe und Hirnforscher. Aus diesem seiner Bücher habe ich zitiert:
Wer sich näher für das ganze Thema interessiert, kann sich darüber in einem einstündigen Vortrag von G. Roth informieren:
PJP